André Sebastiani studierte an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster Lehramt für die Primarstufe. Nach seinem Referendariat in Vechta arbeitete er als Lehrer im Grund- und Sekundarschulbereich in Bremen. Aktuell ist er Referent für Mediendidaktik bei der Senatorin für Kinder und Bildung in Bremen. Seit vielen Jahren publiziert er zu den Themen Anthroposophie und Waldorfpädagogik. 2019 erschien sein Buch „Anthroposophie – Eine kurze Kritik“ im Alibri Verlag.
Kritisches Denken – Warum es so schwer ist, es in Schulen zu unterrichten, und wie wir es trotzdem schaffen
Weltweit haben skeptische Organisationen wie die GWUP mehr oder weniger erfolgreiche Versuche unternommen, Unterrichtsmaterialien für Schulen zu entwickeln. Es gibt zahlreiche Publikationen, die Kinder an das kritische Denken heranführen sollen. Doch in den Schulen scheinen diese Bemühungen nicht anzukommen. Woran liegt das, und wie könnten wir das ändern?
In meinem Vortrag werde ich Antworten skizzieren, die im Rahmen eines Kooperationsprojekts zwischen der Senatorin für Kinder und Bildung in Bremen und der GWUP erarbeitet wurden. Basierend auf wissenschaftlicher Evidenz und einer Analyse der Rahmenbedingungen des deutschen Bildungssystems wurden dabei in einem ersten Schritt die folgenden Herausforderungen identifiziert:
- Kritisches Denken taucht zwar in einigen Papieren der Kultusministerkonferenz auf und findet sich auch als Kompetenz in einigen Bildungsplänen wieder, die es zu fördern gilt. Es fehlt jedoch ein klares Verständnis, unter welchen Bedingungen die Vermittlung kritischen Denkens gelingt und wie man es systematisch fördern kann.
- Bestehendem Unterrichtsmaterial fehlt aus diesem Grund eine geeignete Systematik.
- Lehrkräfte sind nicht hinreichend in die Grundlagen und die Praxis des kritischen Denkens eingewiesen.
Im Projekt haben wir einen Kurs mit Onlinematerialien entwickelt, der diesen Herausforderungen gerecht werden soll. Er vermittelt Lehrkräften ein klares Verständnis und eine Systematik des Kritisches Denkens und gibt ihnen Handlungssicherheit in der konkreten Unterrichtssituation. Der Kurs ist darauf ausgerichtet, nicht nur Wissen zu vermitteln. Denn Forschungsresultate zeigen, dass kritisches Denken am besten durch einen „gemischten Ansatz“ gelehrt werden kann. Dabei werden die Grundsätze des kritischen Denkens erst vermittelt und dann anhand von Anwendungsfällen expliziert. Auf diesem Wege wird kritisches Denken als praktische Fähigkeit zudem im Sinne einer „deliberate practice“ bewusst und zielgerichtet trainiert.
Die Erkenntnisse des Projekts haben meines Erachtens Implikationen, die über den Schulkontext hinausgehen. Deswegen möchte ich abschließend diskutieren, wie wir kritisches Denken auch stärker in unserer Gesellschaft verankern können.