Inselmann studierte prähistorische Archäologie und andere Altertumswissenschaften an der Universität Göttingen und strebt eine wissenschaftliche Laufbahn an. Privat befasst er sich seit Jahren skeptisch mit Themen der „alternativen Archäologie“ wie Prä-Astronautik, verschollenen Hochkulturen usw. Zahlreiche Artikel zum Thema veröffentlichte er bereits auf seinem Blog Wunderkammer der Kulturgeschichte, darunter mehrere Recherchen zum Thema Riesenskelette:
A Race of Giants? – Riesenskelette aus Georgia
Urgeschichtliche Riesen II – Meganthropus palaeojavanicus, „Riesenmensch des alten Java“
Urgeschichtliche Riesen III – Der Knochen von Berg Aukas
Gab es Riesen auf der Erde? Funde von Riesenskeletten in Geschichte und Pseudowissenschaft
„Hier hatte sich noch ein Riesengeschlecht erhalten, das durch Körpergröße und Gestalt von anderen Menschen sich unterschied, von erstaunlichem Aussehen war und eine erschreckliche Stimme besaß. Ihre Gebeine werden noch heute gezeigt und sind so groß, dass es schwerfällt, sie für menschliche Gebeine zu halten.“
Dies berichtet der jüdische Historiker Flavius Josephus (Jüdische Altertümer, 5. Buch 2,3) im 1. Jh. n. Chr. Ob die Bibel, die griechischen Mythen oder unser heimischer Schatz an Sagen und Märchen – fast jede Kultur kennt Geschichten über Riesen. Doch handelt es sich dabei wirklich nur um Legenden, oder gibt es materielle Beweise für deren einstige Existenz? Bereits antike Historiker erwähnen Funde von Riesenskeletten, die man mythischen Heroen zuschrieb, ähnliche Quellen stammen aus Mittelalter und Neuzeit. Viele dieser Funde stellten sich später als Fossilien prähistorischer Großtiere wie Mammuts heraus, so etwa der Wiener „Riesenknochen von St. Stephan“ (1443), der 1577 entdeckte Knochen des „Luzerner Riesen“ oder die 1613 bei Dauphiné (Frankreich) ausgegrabenen Überreste des Riesenkönigs „Teutobochus“.
Zu einer wahren Epidemie derartiger Berichte kam es in den USA des 19. Jahrhunderts: Tausende von zeitgenössischen Zeitungsartikeln und Lokalchroniken schreiben über Skelette von Riesen, die in indianischen Grabhügeln oder anderswo entdeckt worden sein sollen. Bevölkerte also einst eine Rasse von Riesen das Gebiet der heutigen Vereinigten Staaten, wie noch heute manche Menschen behaupten? Die vielen hundert Funde seien von der Smithsonian Institution systematisch gesammelt und zerstört worden, besagt eine Verschwörungstheorie – deshalb seien sie heute nicht mehr auffindbar.
Tatsächlich erfreut sich das Thema der Riesenskelette seit einigen Jahren bemerkenswerter Beliebtheit in der Pseudowissenschaft: Alternativarchäologische Autoren sammeln historische Fundberichte in Büchern, Internet-Blogs verbreiten Fake-Nachrichten über angeblich neu entdeckte Riesenskelette. Doch was steckt hinter diesen Funden – und wieso sind sie gerade in der heutigen Pseudowissenschaft so beliebt? Der Vortrag versucht nachzuzeichnen, wie sich das Phänomen der Riesenskelette über die Jahrhunderte entwickelte, ob es wirklich Riesen gab und was die heutige Begeisterung mit Religion und Rassismus zu tun hat.