Anna Brodersen ist seit 2018 freiberufliche Hebamme, hat den Beruf grundständig studiert und wurde durch eine Weiterbildung in Anthroposophie gründlich von derselben geheilt. In verschiedenen Podcasts (Grams' Sprechstunde, Waldorfsalatpod), Fachvorträgen (u.a. beim Hebammenkongress im Mai 2023 in Berlin), in Fachartikeln und nicht zuletzt beim WTF-Talk versucht sie liebevoll und fachlich korrekt über sinnvolle Interventionen aufzuklären. Ihr ist es wichtig, sich nicht über die Eltern lustig zu machen und dennoch eine lockere Atmosphäre zu schaffen, die dann hoffentlich zu einer Aufgeschlossenheit dem Thema gegenüber beitragen kann.
Natur pur oder alles rein ins Kind? Prophylaxen im Säuglingsalter
Werdende Eltern haben heute eine schier unendliche Fülle an Informationsmöglichkeiten. Von gedruckter Literatur im Sachbuchbereich, Mamaratgebern, Infobroschüren, Beratung durch Fachpersonal bis hin zu Social Media ist alles dabei.
Im ersten Teil meines Vortrags möchte ich auf die Wege eingehen, die junge und werdende Eltern bei der Informationsbeschaffung nutzen. Warum haben Influencerinnen und medizinische Laien oft mehr Einfluss als Fachpersonal? Welche teils bewusst manipulativen Methoden kommen dabei zum Einsatz? Wir werden uns einzelne Posts von Doulas, Hebammen und Mamainfluencerinnen ansehen und kritisch analysieren, sowie die gängigen Schwangerenratgeber auf ihre Empfehlungen hin durchforsten.
Was bewegt Schwangere, sich dem medizinischen System vollkommen zu entziehen, und wie müssen wir unsere Betreuung und Beratung ausrichten, um diese Schwangeren und Eltern zu erreichen? Macht es in manchen Bereichen sogar Sinn, auf Prophylaxe oder Intervention zu verzichten?
Im Anschluss werden wir uns aktuellen Empfehlungen zu Prophylaxen und Screenings im ersten Lebensjahr widmen. Kernthemen werden dabei die Schwangerenvorsorge nach Mutterschaftsrichtlinien, das Stoffwechselscreening, die Kinderuntersuchungen, Vitamin K, Vitamin D sowie Schutzimpfungen sein.
Ein weiteres Anliegen, auf das ich eingehen möchte, ist der aktuelle Wandel im Hebammenberuf. Während vor wenigen Jahren der Anteil an systemkritisch-alternativen Hebammen, die von der Ablehnung jeglicher Impfung bis zum Abraten von Ultraschalluntersuchungen reichten, noch extrem hoch war, entwickelt sich der Beruf durch die akademische Ausbildung und die Erweiterung unserer Kompetenzen wie Ultraschall stetig weiter. Das vergrößert zwar kurzfristig die Schere zwischen den „traditionellen“ und den wissenschaftlich orientierten Kolleginnen, führt aber mittel- bis langfristig zu einer Hebammenversorgung auf hohem medizinischen Niveau.