Mirko Gutjahr M.A. ist Historiker und Archäologe. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Geschichte und Archäologie der Frühen Neuzeit. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt und kuratierte u.a. im Jubiläumsjahr 2017 die Nationale Sonderausstellung »Luther! 95 Schätze – 95 Menschen«. Privat betreibt er als „Der Buddler“ zwei Podcasts mit Skurrilitäten aus der Geschichte und Archäologie, in denen häufig skeptische Themen behandelt werden. Mit Vortragsthemen wie etwa zu den „Bosnischen Pyramiden“, zu Pseudoarchäologie oder der Geschichte des magischen Denkens ist er regelmäßiger Gast bei skeptischen Veranstaltungen wie den „Skeptics in the Pub“.
Luthers Geister: Vom Einfluss des Protestantismus auf den Gespensterglauben oder: Wie die Protestanten zu Geisterjägern wurden
Bis zur Reformation war die Welt der Geister noch sehr überschaubar: Für die Christen des Mittelalters waren Gespenster ein Beweis für das Weiterleben der Seele nach dem Tod und der Existenz eines Fegefeuers. Doch als Luther um 1530 letzteres kurzerhand abschaffte, galten für ihn und seine Nachfolger Geistersichtungen nur mehr als reiner Teufelsspuk – ja, der Glaube an das Auftreten verstorbener Seelen war zeitweilig sogar ein deutliches Unterscheidungskriterium zwischen den Konfessionen. Denn die protestantische Kirche sah in Spukerscheinungen nicht mehr das Auftreten von Armen Seelen oder Totengeistern, die die Lebenden um Spendung von Seelenmessen oder Ablässen zur Erlösung aus dem Fegefeuer baten, sondern als das Wirken von gefährlichen Dämonen und Teufeln. Doch so klar, wie die Kirchenoberen das gerne gehabt hätten, verliefen die Grenzen in dieser Frage oftmals doch nicht: So konnten sich evangelische Pastoren etwa schon auch einmal als Geisterjäger betätigen, katholische Theologen dagegen die Existenz von Gespenstern schlechthin verneinen, während die einfache Bevölkerung beiderlei Glaubensrichtungen in Spukphänomenen einfach oft ein Ventil für angestaute soziale Probleme fand. Als im 19. Jahrhundert die Vorstellung einer möglichen Kommunikation mit den Toten wieder populär wurde, waren es dann ausgerechnet protestantische Milieus, die im großen Maße zu Wegbereitern des Spiritismus wurden. Nach dem Niedergang dieser pseudowissenschaftlichen Totenbeschwörung und im Zuge einer zunehmenden Säkularisierung scheint die westliche Welt heute zwar weitgehend profanisiert, aber selbst im Zeitalter von TV-Shows wie „Ghost Hunters“ und „Most Haunted“ wurzeln „moderne“ Auffassungen von Gespenstern immer noch tief in Vorstellungen aus der Reformationszeit. Wieviel Luther steckt heute noch in den Geisterjägern?