Hermann Ritter, geboren 1965 in Darmstadt, interessierte sich schon früh für das phantastische Genre. Sein Sozialarbeit-Studium schloss er mit einer Diplomarbeit über Fantasy-Rollenspiele ab, sein Magisterstudium (Geschichte und Politik) beendete er mit einer Arbeit über alternative Weltenentwürfe in der Literatur. Der phantastischen Literatur ist Ritter auch in seiner knapp bemessenen Freizeit verpflichtet: Er liest sich durch Berge von Science Fiction, Krimi und Fantasy – zu seinen Favoriten zählen Klassiker wie Cordwainer Smith und Lyon Sprague de Camp. Hermann Ritter ist seit über 30 Jahren in der Szene aktiv: Er publiziert Fan-Zeitschriften, organisiert Kongresse und hält Vorträge. Daneben veröffentlichte er Artikel und Kurzgeschichten zu allen Bereichen der Fantasy und Science Fiction; als Mitherausgeber von »Magira«, dem Jahrbuch für Fantasy, war er für eines der wichtigsten Sekundärwerke des Genres verantwortlich.
Die Weltregierung tagt auf der Venus
In den letzten Jahren gab es wieder einen Boom um zwei Themen im Bereich Verschwörungstheorien/Esoterik, die mit dem Nationalsozialismus in Verbindung stehen. Das eine ist das wieder aufgetauchte Thema, dass die Kulturbringer der letzten Jahrtausende allesamt weißhäutige Heroen waren, die von einem mythischen Ursprungsland aus – heiße es Atlantis oder Lemuria oder wie auch immer – der Erde erst die Kultur gebracht haben. Eine Erweiterung dieses Themas sind weißhäutige, blonde Außerirdische, die dann auf der Erde eine Kolonie aufgebaut haben, von der aus … wir verstehen uns.
Das zweite Thema ist die von Tibet ausgehende organisierte Weltherrschaft, die auch mit Nationalsozialisten Kontakt anstrebte.
In vielen Fällen ist die Abgrenzung zwischen beiden Themen nicht oder nicht einfach zu leisten; spätestens dann, wenn atlantisches, arisches Wissen in Tibet eine Rolle spielt, ist eine Abgrenzung unmöglich.
Vielleicht besteht eine Verbindung zwischen dem mythischen Atlantis als atlantisch-polar-pazifisches Inselreich, das spurlos untergeht, zu einem Rückzugsgebiet im Gebirge als tibetisch-chinesisch-mongolischen Bergreich, das spurlos besteht.
Es gibt Dinge „dort draußen“, die einen den Kopf schütteln lassen. Stichworte wie das rassische Wissen aus dem Rückenmark, die Schwarze Sonne, die Herkunft der Olmeken von den Wikingern, der Gral und seine Bindung an europäische Herrscherhäuser, Echsenwesen als geheime Weltherrscher, Hitler auf der Venus, deutsche Atombomben und Nurflügelbomber sowie die Geheimnisse im Dora-Stollen haben wieder Hochkonjunktur. Otto Rahn, Otto Skorzeny, Karl-Maria Wiligut und die Wewelsburg – alle dürfen sie hier mitspielen – oder (wenn man den Verschwörungstheorikern glaubt) wieder mitspielen.
Gerade in der erzählenden Literatur – mehr als in „Fachbüchern“ – haben diese Themen Konjunktur. Was man von all diesen Werken zu halten hat, wird einem oft bei einem ersten Durchblättern schnell klar. Manchmal zweifelt man auch, überlegt … dann mag der Vortrag Lesehilfe sein, ein wenig Unterhaltung, ein wenig Aufklärung.