Alexander Fischer studierte Germanistik, Philosophie, Kommunikationswissenschaft und Geschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg (M.A.). Zudem studierte er Film & Literatur an der kanadischen University of Waterloo (MA). Er arbeitete als Redaktionsassistent im Bereich Philosophie/Ethik in C.C. Buchners Verlag und lehrte und forschte seit Abschluss seines Studiums (2012) als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Praktische Philosophie der Universität Bamberg. Nach Forschungsaufenthalten an der Duke University (USA) und der University of Cambridge (UK) wurde er im August 2016 mit einer interdisziplinären Arbeit zum Thema Manipulation promoviert, die im kommenden Herbst unter dem Titel „Manipulation. Zur Theorie und Ethik einer Form der Beeinflussung“ im Suhrkamp Verlag erscheint. Seit September 2017 ist er wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Praktische Philosophie der Universität Basel. Seine Forschung und Lehre fokussiert sich hauptsächlich auf Fragen der Ethik und der Politischen Philosophie, aber auch die Schnittstelle von Philosophie und Psychologie sowie Philosophie und Literatur.
Trau‘ keinem Experten – aber wem dann?
Realitätsmodellierung aus psychologischer und philosophischer Perspektive
„Meine Unwissenheit ist genauso gut wie dein Wissen“: Im Jahr 1980 hat Isaac Asimov diese Überzeugung als roten Faden der amerikanischen Kulturgeschichte bezeichnet. Im Jahr 2018 ist er zu einem Klischee geworden. ‚Gefühlte‘ Wahrheiten haben angeblich Fakten den Rang abgelaufen; und Verschwörungstheorien sind im öffentlichen Diskurs omnipräsent. Dabei sind es immer ‚die Anderen‘, die sich ihre Realität aus Fake und Vorurteilen konstruieren.
Einerseits wissen wir, dass Realität immer (auch) in unseren Köpfen entsteht, damit immer auch subjektiv ist und Überheblichkeit gegenüber anderen Realitätsmodellen nicht angebracht ist. Andererseits weigern wir uns natürlich, über die Jahrhunderte entwickelte Errungenschaften, ethische wie epistemische, zu relativieren und sie als gleichwertig anzusehen mit Vorurteilen, erfundenen Geschichten und Hassbotschaften.
Diese Zwickmühle ist ein Thema der Philosophie: Wie funktioniert Erkenntnis, welche Arten von Wissen gibt es, und was können wir als ‚Wahrheit‘ ansehen? Sie ist auch ein psychologisches Problem: Wie erkennen wir Fakten, wie konstruieren wir unsere Realität, und wie bleiben wir offen für neues Wissen, ohne in Beliebigkeit zu verfallen?
Wir benötigen Heuristiken und Prüfkriterien. Philosophie und Psychologie bieten uns Ansätze, auch Erklärungsmodelle zu prüfen, in denen zentrale Akteure im Dunkeln sind oder Fakten vielleicht auch Fake sein können. Karl R. Popper hat eine „offene Gesellschaft“ gefordert, die transparent ist in ihren Strukturen und Absichten. Das wird zu einer Herausforderung, wenn wir konfrontiert werden mit Information, deren Quellen intransparent sind. Wir müssen also bei epistemisch schwierigen Fällen – wie mutmaßlichen Fake News und Verschwörungstheorien – einen Umgang zu finden, der verborgene Wahrheiten ins Licht bringt, ohne ins Irrationale abzugleiten. Eine wichtige Voraussetzung ist dabei, Möglichkeiten und Grenzen menschlicher Erkenntnis bei unseren individuellen Realitätsmodellen zu berücksichtigen.
Anders gesagt: Als Skeptiker, die kritisches Denken fordern, müssen wir alles in Frage stellen – auch unsere eigenen Überzeugungen und Gewissheiten. Wir müssen uns an unseren eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen. Geht das überhaupt?