Dr. Christian Weymayr (Mitglied der GWUP und des GWUP-Wissenschaftsrats) ist freier
Medizinjournalist und Projektleiter des IGeL-Monitors. Er ist einer der federführenden
Autoren des "Münsteraner Memorandums Heilpraktiker".
Osteopathie – was sagt die Evidenzbasierte Medizin?
Die Osteopathie ist eine von Ärzten, Physiotherapeuten und Heilpraktikern häufig angebotene
Leistung, die diverse Beschwerden lindern soll. Sie zählt zu den Leistungen der
komplementären und alternativen Medizin. Ihre Grundannahmen sind naturwissenschaftlich
unplausibel, aber es findet eine echte, wenn auch milde Interaktion statt, so dass positive
Effekte auf die Gesundheit nicht ausgeschlossen sind.
Eine osteopathische Behandlung ist keine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen,
sondern eine so genannte Individuelle Gesundheitsleistung, kurz IGeL. Manche
Krankenkassen bezahlen die Osteopathie jedoch freiwillig. Zur SkepKon wird der IGeLMonitor,
ein Projekt des Medizinischen Dienstes Bund der Krankenkasen (MDS), die
Osteopathie bewertet haben. (Über das Ergebnis der Bewertung kann ich jetzt noch nichts
sagen.)
In meinem Vortrag möchte ich am Beispiel der Osteopathie darstellen, wie eine Bewertung
von Nutzen und Schaden nach der Methodik der Evidenzbasierten Medizin (EbM) abläuft.
Dabei wird deutlich werden, dass "EbM" mehr ist als bloße Studienlektüre. Die Methodik
fordert vielmehr einen festgelegten, aufwändigen Prozess aus Festlegen der Fragestellung,
Suchen, Auswählen und Bewerten der wissenschaftlichen Literatur, Ermitteln von Nutzen
und Schaden anhand der ausgewählten Literatur sowie gegebenenfalls Abwägen von Nutzen
und Schaden für eine Gesamtbewertung.
Dieses Schema gilt nach heutigem methodischen Stand gleichermaßen für alle Maßnahmen
der Medizin, unabhängig davon, wie plausibel der angenommene Wirkmechanismus ist. Als
Ausblick möchte ich diskutieren, was das für die Nutzen-Bewertung anderer Verfahren der
komplementären und alternativen Medizin bedeutet.