Anna Beniermann ist Biologiedidaktikerin und Museumsleiterin des Science Centers turmdersinne in Nürnberg. Sie studierte Biologie mit dem Schwerpunkt Evolutionsbiologie sowie Philosophie und Chemie an der Universität Oldenburg. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit beschäftigte sie sich mit der Einstellung zur Evolution, damit im Zusammenhang stehenden Faktoren sowie generellen Fragen der Operationalisierbarkeit. Als langjährige Organisatorin des Science Slams Affentheater in Gießen, Autorin für diesseits.de und Mitglied der AG Evolutionsbiologie - Evolution in Biologie, Kultur und Gesellschaft setzt sie sich auch neben dem Beruf für eine aktive und ansprechende Kommunikation über wissenschaftliche und wissenschaftstheoretische Fragestellungen ein.
„Ja, nein, vielleicht?“ - Von der Schwierigkeit, Meinungen zu messen.
„87 % des Publikums gaben an, überrascht aus der Filmvorführung gegangen zu sein“.
Würden Sie sich diesen Film anschauen? „Überraschung“, das klingt doch spannend. Oder ist vielleicht ein Jesus Freak jonglierend durch den Saal gelaufen und der Film war total öde?
Meinungsumfragen beherbergen eine ganze Menge Stolperfallen. Denn wer wurde hier wann und von wem befragt? Hat die Überraschung überhaupt irgendetwas mit dem Film zu tun? Und wer berichtet hier über die Umfrageergebnisse? Gleichzeitig bieten Befragungen die Chance, der Gesellschaft eine Stimme zu geben. Oder birgt etwa auch diese Transparenz Gefahren?
2013 staunten die Niedersachsen nicht schlecht, als die FDP mit fast 10 % in den Landtag einzog. In den letzten Meinungsumfragen vor der Wahl drohte die Partei an der 5 % - Hürde zu scheitern. Auch die Umfragen zur Präsidentschaftswahl in den USA 2017 waren zu großen Teilen nicht in der Lage, Donald Trump als Gewinner der Wahl vorherzusagen. Stattdessen feierten viele Demokraten aufgrund der deutlichen Umfragewerte vermutlich schon vor der Wahl innerlich den Triumph Hillary Clintons. Apropos USA. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten lehnen ja etwa 40 % die Evolution des Menschen ab. Stattdessen glaubt man dort an die wörtliche Auslegung der biblischen Schöpfungsgeschichte. Oder handelt es sich dabei vielleicht nur um ein hartnäckiges Vorurteil?
Annähernd repräsentative Stichproben sind immer schwerer erreichbar und gleichzeitig ist bekannt, dass viele Menschen sozial erwünschte Antworten geben, um nicht als Rassisten, Narzissten oder auch einfach Faulpelze dazustehen. Haben die Demoskopen also Probleme bei der Messung von Meinungen? Und inwiefern führt die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen zu der Beeinflussung von Meinungen? Wie werden derartige Daten überhaupt erhoben?
Anhand einer repräsentativen Umfrage zur Akzeptanz der Evolution in Deutschland soll exemplarisch dargestellt werden, was eine wissenschaftlich-kritische Auseinandersetzung mit Umfrageergebnissen von einer naiv-plakativen Interpretation von Ergebnissen unterscheidet und an welchen Stellen die Herausforderungen für aussagekräftige Befragungen liegen.