Prof. Dr. Claudia Franziska Brühwiler
Prof. Dr. Claudia Franziska Brühwiler forscht an der Universität St. Gallen zur politischen Kultur der USA – mit Schwerpunkten im Konservatismus, Libertarismus, Populismus sowie der Verbindung von Politik und Literatur. Ihre wissenschaftliche Tätigkeit führte sie bislang als Gastwissenschaftlerin resp. -professorin an die Keio University (Japan), ans University College Dublin, ans Amherst College, die University of Virginia, die University of Wisconsin-Madison und die University of Notre Dame. Zuletzt erschien ihre Monografie "Out of a Gray Fog: Ayn Rand's Europe" (2021), in der sie sich einer Ikone der amerikanischen Rechte annahm. Sie war Kolumnistin der NZZ am Sonntag und kommentiert regelmässig das politische Geschehen in deutschsprachigen Medien.
Seit Dezember 2024 betreibt sie den Podcast „Grüezi Amerika. Views from the Sister Republic“, in dem sie aktuelle Ereignisse durch die Brille der amerikanischen Geschichte, Politik und Kultur betrachtet. Dabei geht sie besonders der Frage nach, ob der neue Kurs – oft als Trump 2.0 bezeichnet – sich grundlegend von dem seiner Vorgänger unterscheidet und welche Auswirkungen dies für Europa haben könnte.
Der pathologisierte Andere: Trump und seine Wählerschaft
«Trump regiert» ist momentan eine ständige Onlinerubrik einer Schweizer Tageszeitung. Titel, alarmistischer Ton und Inhalt der Beiträge lesen sich wie ein Echo auf Matto regiert (1936), den wohl bekanntesten Krimi des Schweizer Autors Friedrich Glauser: Wachtmeister Studer ermittelt in einer psychiatrischen Anstalt und erlebt, wie nicht nur den Patienten die Realität entgleitet. «Matto» wird von der halluzinierten Weltregierung, die ein Insasse fürchtet, zur gesellschaftlichen Diagnose.
Trump regiert – und mit ihm der Wahnsinn? Die Verantwortungslosigkeit? Schon im Wahlkampf 2016 wurde Donald J. Trump zerstörerisches Potential attestiert. Nach einer – sieht man von seinem unpräsidialen Stil und Rhetorik wie auch den Ereignissen um den 6. Januar 2021 – relativ typisch-republikanischen Präsidentschaft, sehen sich nun viele Kritiker bestätigt. «Staatsstreich von innen», «administrativer Coup» lauten die noch nüchternsten Analysen. Ausgeblendet wird dabei, dass viele der Massnahmen nur rückgängig machen, was relativ kurzfristige Fortschritte waren. Fortschritte, die zumindest die Trump-Wählerschaft nicht als solche betrachteten, sondern vielmehr als Angriff auf ihre Lebensweise wahrnahmen. Sie alle, Wahnsinnige? Oder vom Wahnsinn verführte?